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Blicke zurück nach vorne
Eine Hommage an meine Eltern
Würde sich unser Blick auf Hunger, Armut, Flucht und Migration ändern, wenn wir die Erinnerung an die Geschichten unserer Urgroß- und Großeltern bewahrt hätten?
Südtirols Geschichte des letzten Jahrhunderts war beispielhaft für das, was derzeit in vielen Ländern des Südens den Alltag bestimmt:
Die zwei Weltkriege und die damit verbundenen politischen Turbulenzen.
Terror, Gewalt, Verfolgung durch Faschismus und Nationalsozialismus. Selbstversorgung als Ausweg aus der Hungerkrise.
Dann, nach dem zweiten Weltkrieg, der mühsame Versuch einer Rückkehr zur Demokratie.
Kurzum: Es gibt Vieles, was aus der Vergangenheit gelernt werden kann; und es ist schade, dass viele solcher Geschichten nie geschrieben worden sind.
Vor kurzem haben meine Eltern ihren Geburtstag gefeiert (mein Vater wurde 90, meine Mutter 86). Beide hatten vor einiger Zeit ein Büchlein über ihr Leben geschrieben, und diese Geschichten möchte ich öffentlich zugänglich machen. Denn neben den familiären Begebenheiten, die wahrscheinlich nur für den Kreis von Freunden und Bekannten interessant sind, wird die Geschichte einer Epoche erzählt, die vielen, vor allem den jüngeren Menschen meist unbekannt ist.
Die Erzählungen meines Vaters Richard: Eine kleine Dorfgeschichte – Erinnerungen an Faschismus, Krieg und alles, was danach kam http://www.arnoteutsch.org/wp-content/uploads/2017/01/RichardTeutsch_final_Artikelformat_mittlereQualit%C3%A4t.pdf
Er erzählt davon, wie die großen weltbewegenden Ereignisse im kleinen Dorf Kurtinig gelebt worden sind. Seine Erinnerungen und Erzählungen tragen vielleicht auch dazu bei, ideologische Strenge bei der Beurteilung historischer Ereignisse zu überdenken.
In den Erzählungen meiner Mutter: Lebensgeschichten aus älteren und jüngeren Zeiten http://www.arnoteutsch.org/wp-content/uploads/2014/10/Rosa.pdf geht es nicht um Politik und um die großen geschichtlichen Ereignisse des letzten Jahrhunderts. Weltkriege, Faschismus, Option, Wiederaufbau, usw. bleiben im Hintergrund und bilden den Rahmen für die Ereignisse. Im Vordergrund stehen die Menschen in Freud und Leid. Menschen, die von den politischen Ereignissen mitgerissen wurden, Opfer waren und dennoch – bewusst oder unbewusst – zu Mitgestaltern dieser Entwicklung wurden.
Blicke zurück nach vorne: Mir scheint es gut und wichtig, die „Vergangenheit loszulassen“, nicht mehr emotionale Opfer vergangener Zeiten zu bleiben. Gleichzeitig aber könnten die Geschichten der Vergangenheit ein breiteres Verständnis dafür schaffen, wie eng menschliche Schicksale miteinander verwoben sind. Wie das, was wir heute in vielen Ländern des Südens sehen, auch Teil unserer Geschichte und unserer Gegenwart ist.